Die Teilnehmer der Kulturfahrt der Arbeitsgemeinschaft Ländliche Erwachsenenbildung der Dorfgemeinschaft Wiesede-Upschört hatten sich das Thema Ziegeleien in Ostfriesland zum Thema gemacht. Im Landkreis Wittmund gibt es heute noch zwei produzierende Ziegelei in Nenndorf und in Neuschoo, wobei in Nenndorf die Klinker noch in einem Ringofen mit Torffeuer gebrannt werden. Ziegeleien waren einst für manche Region in Ostfriesland die wichtigsten Arbeitgeber. Im Jahr 1814 etwa produzierten die ostfriesischen Ziegeleien rund elf Millionen Steine und 2,2 Millionen Dachziegel. Ende des 18. Jahrhunderts gab es in Ostfriesland bereits 52 Öfen, in denen die roten Ziegel gebrannt wurden. Noch nach dem Zweiten Weltkrieg war die Ziegelindustrie eine wichtige Branche in Ostfriesland.
„Das Ziegeleiwesen hat in Ostfriesland eine lange Tradition. Damit verbunden waren harte körperliche Arbeit und karger Lohn in unserer industriearmen Region“, erläuterte Tourenleiter Günter Peters das Thema der Kulturfahrt. In der Ziegelei Neuschoo führte Kevin Schelken dann die Gruppe durch die Produktionshallen. Den Anfang in der Produktionskette macht der natürliche Rohstoff Ton. Nach einer Durchmischung mit verschiedenen Mineralien kommt er in den Zerkleinerer, von dort per Förderband in die Zwischenlagerung. Nach Bedarf kommt das Rohmaterial zur Formgebung in die „Strangpresse“, wo das Tongemisch durch ein Stahl-Mundstück gepresst wird. Der Ziegelabschneider trennt mit einem feinen Stahldraht jeden Ziegel einzeln vom Strang ab. Weitere Arbeitsschritte sind notwendig bis die Zeigelpaletten nach dem Trocknungsprozeß in den Brennofen kommen, wo sie bei Temperaturen zwischen 950 bis 1.000 Grad Celsius gebrannt werden. In Neuschoo werden die Ziegel mit Erdgas gebrannt. Nach dem Brand werden die Klinker sortiert und für den Käufer abgepackt zum Versand bereitgestellt. Die guten „Wittmunder Klinker“ sind stark nachgefragt. Die gute Baukonjunktur macht sich zusätzlich bemerkbar. Mit 27 Mitarbeitern wird rund um die Uhr gearbeitet. „Das ist harte Knochenarbeit. Sehr viel muss mit Muskelkraft gemacht werden“, sagte Kevin Schelken.
Die nächsten Themen der Kulturfahrt waren das Moor und der Torfabbau. Am Ewigen Meer, dem größten Hochmoorsee Deutschlands mit rund 91 Hektar Wasserfläche, erläuterte Harm Poppen die Geschichte des Hochmoores in dem 1180 Hektar großen Naturschutzgebiet. Entstanden ist das Ewige Meer nach der letzten Eiszeit, also vor etwa 10000 Jahren. Das Ewige Meer ist ein Moorauge im Hochmoor. Aufgrund des hohen Huminsäuregehalts leben im Meer keine Fische.
Dennoch ist das Moor nicht „tot“. Viele Vogelarten unter anderem die streng geschützten Trauerseeschwalben, Gänse, Moorfrosch, Kreuzotter und seltene Pflanzen wie Sonnentau und Wollgräser, haben hier ihren Lebensraum. Nach einem Rundgang auf dem Bohlenweg ging es zur Mittagsrast in die „Alte Post“ in Ogenbargen und dann weiter nach Wiesmoor. Im Bus erläutere Günter Peters, die hundertjährige Entstehungsgeschichte der heutigen Stadt Wiesmoor. „Ohne das riesige Moorvorkommen, ohne die Fehnkultur und ohne den Bau eines Torfkraftwerkes, wäre die Erfolgsgeschichte der jungen Stadtgemeinde Wiesmoor nicht möglich gewesen“, sagte Peters.
Um sich an die Anfänge und die schwere Arbeit der Vorfahren und Gründer zu erinnern, ging es mit Heike Schönfeld ins Moor. Das Torfgraben war damals für alle Siedler eine lebensnotwendige Arbeit, um die Hausstelle zu kultivieren, Brennmaterial zu haben und durch den Verkauf etwas Geld zu verdienen. Zwei erfahrende Männer Jürgen Kleen und Diedrich Theilken zeigten die Arbeitsschritte vom „Abbunken“ mit dem „Bunkspaten“, Vorbereitung der „Bank“ und das Stechen der Torfsoden mit dem „Stikker“, Abgraben mit dem „Een- oder Tweekrieger“, das Aufschlagen auf die Grubenkannte und das Umsetzen der Soden mit der „Setzforke“ auf die Torfkarre. Die vollbeladene Torfkarre wurde dann in einer Reihe zum Trocknen abgekippt. „Es war damals wie heute eine harte körperliche Arbeit. Die ganze Familie musste mithelfen“, sagte Diedrich Theilken. In der geräumigen Moorkate, bei Tee, Butterkuchen, Krintstut und Mettwurstbrot, mussten die Teilnehmer elementarsten Fragen Thema Moor beantworten, bevor alle das Moorvogtdiplom überreicht bekamen. Ein junger Teilnehmer der Gruppe sagte zutreffend: „Es war ein beeindruckender Tag, der uns deutlich vor Augen führte, wie hart und entbehrungsreich unsere Vorfahren gearbeitet und gelebt haben. Daran sollten wir immer mit Respekt und Anerkennung denken“.
Fotos: Günter Peters