Dorf Wiesede

Die Geschichte der Ortschaft Wiesedea_Wappen_Dorfgemeinschaft_Wiesede

Text: Karl-Heinz de Wall



Woher kommt der Name „Wiesede“?

Die Ortschaft Wiesede liegt im westlichen Teil der Gemeinde Friedeburg und war noch vor eineinhalb Jahrhunderten an drei Seiten von Hochmoor umgeben. Lediglich von Osten her reichte eine schmale Geestzunge an das Dorf heran, und darüber führten auch die alten Wege nach Reepsholt und Friedeburg.

Über die Entstehung des Ortsnamens „Wiesede“ berichtet eine Sage, dass sich in dieser Gegend die Frau des Friesenkönigs Redbad ein Schloss bauen ließ. Da die Königinnen seinerzeit – wie die Bienenköniginnen – „Wies” genannt wurden, trug das Schloss den Namen „Wiesenhof“. Die sich hier nach und nach ansiedelnden Bauern nannten ihr Dorf nach diesem Namen „Wiesede”.

Eine andere Sage erzählt, dass der Apostel Willehad im 8. Jahrhundert n. Chr. nicht nur in Abickhafe, sondern auch in Wiesede eine Kapelle gegründet haben soll. 

Das Wappen von Wiesede

Seit 1992 hat die Dorfgemeinschaft Wiesede-Upschört ein Wappen. Das Wappen weist auf die wesentlichen Elemente der Dorfgeschichte hin wie Landwirtschaft, Ziegeleiwesen, den Eichenwald und die preußische Regentschaft. Im September 1996 wurde als Abschluss der Dorferneuerungsmaßnahmen auf dem Dorfplatz ein großer Findling mit dem Wappen der Ortschaft Wiesede aufgestellt. Das Konzept wurde im Rahmen einer Dorferneuerung erarbeitet, nachdem Wiesede 1992 in das Dorferneuerungsprogramm aufgenommen worden war. Im September 1996 wurde der Dorfplatz im Zentrum des Dorfes mit Schutzhütten, Spielplatz und einem Wappenstein fertig gestellt.



Die Kapelle in Wiesede


a_Kapelle_und_Alte_Schmiede_Herbst_InternetBis zum dreißigjährigen Krieg soll die Kapelle noch  auf der Warft gestanden  haben. Bis zu diesem Zeitpunkt war die Warft auch der Friedhof des Dorfes. Im  Hintergund die 115jährige Sommerlinde, die Lehrer Hermann Willms Focken  1894 anpflanzte,  daneben die „Alte Schmiede“ das Dorfgemeinschaftshaus von 1992 – 2021.




Die Kapelle stand ziemlich in der Mitte des Dorfes auf einer von Menschenhand aufgeschütteten Warf, die gleichzeitig als Begräbnisstätte diente. Bei gelegentlichen Erdarbeiten stieß man auf die aus Ziegelsteinen im Klosterformat errichteten Grundmauern der Kapelle. Daneben wurden auch menschliche Skelette gefunden.

Der Propst in Reepsholt soll das Patronatsrecht an der Wieseder Kapelle gehabt haben. Wie lange sie als Gotteshaus diente, ist nicht genau bekannt; mit einiger Sicherheit waren es aber mehrere Jahrhunderte.

Noch heute erinnern Flurnamen im Dorfe an die Wieseder Kapelle. Die Warf, auf der sie errichtet worden war, wird als „Karkhoff“ bezeichnet, und auf ehemalige kirchliche Ländereien weisen das „Hilgenholt“ und der „Hilgenkamp“ in der Nähe der Ziegeleistätte bzw. am Weg nach Klinge hin.



Die Sage über die Wieseder Kapelle berichtet weiter, dass sie im Verlaufe des Dreißigjährigen Krieges von den in Ostfriesland hausenden Truppen des Grafen Ernst von Mansfeld zerstört und beraubt wurde.

Das noch brauchbare Inventar soll zum Wiederaufbau der ebenfalls zerstörten Kirche nach Reepsholt gebracht worden sein. Darum werden auch die Bänke unter der Orgelempore in der Reepsholter Kirche als „Wieseder Karkstöhl“ bezeichnet. In der Tat unterschieden sich diese Stühle bis zur Erneuerung der Kirche im Jahre 1887 wesentlich von dem übrigen Gestühl.



Kirchspiel Wiesede



Wiesede wird in Urkunden und auf Karten mehrfach als Kirchspiel bezeichnet. Das Stader Copiar aus dem Jahre 1420 führt jedoch ein selbständiges Kirchspiel Wiesede nicht auf; dagegen ist in einer Karte aus dem Jahre 1595 dem Dorf aber noch ein Kirchensymbol beigegeben worden.

In dem Testament des alten Ulbet zu Wiesede aus dem Jahre 1483 wird von einer Schuldverpflichtung gegenüber den „Wysder hyllyghen“  gesprochen. Vielleicht ist das Eigentum des Kirchspiels nach dem Untergang der Kapelle als Vermögensmasse bestehen geblieben und nicht mit nach Reepsholt gekommen. Im Jahre 1435 unterwarf sich – so der Wortlaut des Urkundentextes – das Kirchspiel Wiesede dem Grafen von Oldenburg.



Kloster in Wiesede?



Arends weist in seiner Erdbeschreibung darauf hin, dass in Wiesede möglicherweise einmal ein Kloster gestanden habe, und nach Houtrouw könnte ein solches Kloster das „Thor Wisch“ sein, das in der „Memorabilis designatio“ unter den ehemaligen Klöstern und Klostervorwerken Ostfrieslands aufgeführt wird und in einer anderen Abschrift des Reimes „Wyste“ heißt. Ob dieses vielleicht vorhanden gewesene Kloster später nach Hopels verlegt wurde oder ob es noch neben diesem Kloster bestanden hat, ist nicht bekannt.



Kloster Hopels



a_Kloster_Hopel_Reste_InternetEinige dicke Findlinge, uralte Bäume und verlandete Gräben zeugen noch vom Standort  des ehemaligen Prämonstratenser Klosters im Staatsforst  Hopels










Die Bewohner des Kirchdorfes Wiesede konnten das Kloster Hopels über einen quer durch das Moor führenden, gepflasterten Weg erreichen. Noch zu Beginn des 19. Jahrhunderts waren Reste dieses Weges zu erkennen. Am Ufer des Hopelser Tiefes und am Saum des alten Gehölzes sich entlangschlängelnd, führte er am heutigen Forsthaus vorbei nach Norden und dann durch das Moor auf den östlichen Teil des Dorfes Wiesede zu.

In Hopels waren die Spuren dieses Weges am sichtbarsten und bis zu zwölf Fuß breit; bei Wiesede waren Oberflächenreste nicht zu entdecken, doch wurde hier erzählt, dass vor langer Zeit ein gepflasterter Teil dieses Weges einen Fuß tief unter der Bauerde gefunden worden sei.





Kapelle Wiesede eine Filiale Reepsholts?

a_Kirche_Reepsh_Internet_2006__21_Nachdem die Kapelle in Wiesede verfallen und wahrscheinlich abgebrochen wurde,  da die Steine begehrtes Baumaterial waren, wurde die Reepsholter Mauritius Kirche  wieder die Stammkirche der Wieseder.

Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Wieseder Kapelle in den letzten Jahrzehnten ihres Bestehens nur noch eine Filiale der Reepsholter Kirche war. Ursprünglich hatten die Wieseder Gemeindemitglieder bei den kirchlichen Wahlen in Reepsholt kein Stimmrecht. Zu den Lasten der Kirchengemeinde trugen sie jedoch bei. Dem Inhaber der ersten Pfarrstelle wurden im 17. Jahrhundert jährlich 32 Tonnen Roggen und daneben noch Hafer, Geflügel und Hopfen geliefert.



Dem Inhaber der zweiten Pfarrstelle in Reepsholt gaben die Wieseder Gemeindemitglieder jährlich zwei Taler.



Die Blütezeit

Seine Blütezeit scheint das Dorf Wiesede im Mittelalter erlebt zu haben; auch dürfte seinerzeit die Landwirtschaft auf einem sehr hohen Stande gewesen sein. Den Berichten nach sollen nämlich für den Ackerbau sieben Stiege Pflüge (das sind einhundertvierzig Stück) gebraucht worden sein. Durch Seuchen wurde die Bevölkerung stark dezimiert; das Land konnte nicht mehr bebaut werden und wurde schließlich von der Heide überwuchert und in Besitz genommen.



Zwei Burgstätten Bunjesburg und Moorwarfen (Junkerei)?

a_Kleihauer_Haus_InternetGab es eine „Burg“ in Wiesede oder war es lediglich ein Steinhaus. Wo heute am  Preefelderweg der Hof Kleihauer steht, befanden sich nachweislich durch  Fundstücke mehrere Höfe des alten „Wysda“








Zwei mittelalterliche Burgstätten sind in Wiesede bekannt: ,”Bunjeshusen“ und ”Moorwarfen“‘. An  ”Bunjeshusen“  erinnert noch heute der Flurname ”Bunjesland“. Dieses Grundstück liegt am Ende des von der ”Junkerei“ in nordöstlicher Richtung verlaufenden “Bunjeslander Weges“ auf einem schmalen, hohen Geestrücken zwischen dem alten Upschörter Moor und dem Wieseder Tief.  Es war seinerzeit nur von der “Junkerei“ her zugänglich. Einst lebte hier das Bunjesgeschlecht. Der Name ist übrigens auch in Reepsholt im sogenannten “Bunjesweg“ erhalten geblieben.

a_Bojeslandweg_Strassennamenschild_InternetSchreibweisen wurde über  Jahrhunderte sehr oft geändert. So könnte auch der Straßenname „Bojeslandweg“  ein Hinweis auf die „Bunjesburg“ sein.









Die Bewohner der Burgstellen “Bunjeshusen“ und “Moorwarfen“ sollen als kürzeste Verbindung zur Friedeburg einen Fußpfad benutzt haben. Um die Jahrhundertwende deutete der Name “Herrenklamp“ für einen Steg über das Wieseder Tief noch auf diesen Weg hin.



Moorwarfen wurde auf einer Warf im Moor angelegt; möglicherweise handelt es sich bei der Junkerei um diese Burg. Westlich und nördlich der Junkerei lag das “Olle Moor“, aus dem die ”Junkerskämpe“ wie eine Warf hervorragten. Im Südosten und Süden trennte das Wieseder Tief diese Burgstätte vom übrigen Dorf.



Spuren der Vergangenheit



Obwohl heute von den Burgen alle sichtbaren Spuren verschwunden sind, waren im 19. Jahrhundert noch Vertiefungen, alten Gräben ähnlich, an der Burgstätte „Bunjeshusen“ zu sehen. Auch Steinschutt fand sich hier noch in großen Mengen. Möglicherweise waren dieses aber auch Spuren einer Wüstung, denn in der Nähe der „Junkerei“ standen einst mehrere Häuser.



Namen und Einzelheiten aus dem Leben der Wieseder Burgherren sind nicht bekannt; vielleicht waren es auch nur reiche Bauern, die sich schon früh ein geräumiges Steinhaus leisten konnten und es befestigen ließen. Größeren, sich über das Dorf Wiesede hinaus erstreckenden Einfluß erlangten sie jedenfalls nicht.



Wieseder Kirchspiel siegelt mit Marxer Wappen



a_Toreingang_Reepsholter_Kirche_InternetDie Kapelle Wiesede hatte offensichtlich doch größere Ausmaße als allgemein  angenommen wird. Der wieder gefundene Schlussstein im Bogen des Toreingangs  zur Kapelle lässt diese Vermutung zu. Ein  schöner Vergleich ist dafür auch der Torbogen in der Reepsholter Kirche. Die  Folgen der Pest waren das Aus für die Kapelle.








In diesem Zusammenhang mag es vielleicht von Interesse sein, dass in der Urkunde vom 24. Oktober 1435, mit der sich das Kirchspiel Wiesede dem Grafen von Oldenburg unterwarf, kein örtlicher Häuptling als Vertragspartner auftrat.

Sprecher des Dorfes sind vielmehr Meleff, Gerleff, Hanneke, Habbe und Willeke, wahrscheinlich die Besitzer von ganzen Erben. Kurios ist auch, dass an der Wieseder Urkunde das Siegel des Kirchspieles Marx hängt. Die Urkunde selbst liefert dafür die Erklärung: „… .unde hebbet des to tuge des gansen kerspeis to Markese ingesegel, dat se uns mit guden willen hur to lenet hebben, witliken gehenget beten to dessen breve, des wy hur samentliken to brukende zynt umme gebrak des unses, dat wy sulven nyn en hebben“.

Das beigedrückte Marxer Siegel zeigt übrigens in weißem Wachse das roh gearbeitete Bild eines mit der Mitra bedeckten, in der rechten Hand den Krummstab und in der linken Hand ein Buch haltenden Geistlichen. Von der Umschrift ist nur noch „Markesen“ zu lesen.



Waldreichtum Wiesede – Eine Sage erzählt!



a_Eichenwald_Eingangsbereich_InternetDie Anpflanzung Eichenwald „Wysder Holt“ soll an den Waldreichrum in Wiesede  erinnern













Im Mittelalter gab es in Wiesede einen Wald, der große Teile des südwestlichen und westlichen Dorfgebietes bedeckt. Über seine Entstehung erzählt die Sage, dass in alten Zeiten ein Dorfhäuptling sich mit den Geistlichen des Klosters Reepsholt gestritten und dabei deren Zorn auf sich gezogen habe.

Die Klosterbrüder hätten zur Genugtuung von dem Häuptling verlangt, dass er ihnen das Wachstum einer Saat auf seinen Ackern gestatten möchte. Um das Wohlwollen der Geistlichen wieder zu erlangen, soll der Häuptling diesem Vorschlag ohne großes Überlegen zugestimmt haben. Die Mönche aber streuten Eicheln auf seine Ländereien und entzogen die Acker so ihrem Gebrauch.



Gewalttätigkeiten und Räubereien im Wieseder Wald!

Der Wald in Wiesede wird auch in der Klageschrift des Häuptlings Edo Wiemken gegen Graf Edzard wegen dessen Gewalttätigkeiten und Räubereien und wegen der rechtswidrigen Besetzung der Burg und Herrlichkeit Knyphausen aus dem Jahre 1495 erwähnt. Edo Wiemken klagt:“ ….hebben denne der sonavend dairna her Edtsardes de syne uppem Wysder holte eynen myner schatknechte aff doedgeslagen unde 2 pair perde unde wagene genomen unde beholden.“ Die Leute des Grafen Edzard hatten also im Wieseder Wald einen Schießknecht erschlagen und zwei Paar Pferde an sich genommen und behalten.



Im Zuge der Säkularisation kam des Gehölz in die Hand des Staates, wurde nach und nach erweitert. Nach Arends war das Hilgenholt gegen Ende des 18. Jahrhunderts nur noch 46 Calenberger Morgen groß.



Wieseder Wald beliebtes Jagdrevier
Der herrschaftliche Wald in Wiesede war ein beliebtes Jagdrevier, und überhaupt handelte es sich bei dem Amt Friedeburg im Gegensatz zum übrigen Ostfriesland um eine sehr wald- und wildreiche Gegend. Es gab neben Wiesede noch Gehölze in Hopels, Stroth, Hoheesche und Reepsholt. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts bestanden die Gehölze in Hoheesche und Rispel nicht mehr, und auch dasjenige in Wiesede war bereits zum größten Teil verschwunden.

Die Herren von Gödens hatten die Jagdgerechtigkeit in Horsten, Etzel und Reepsholt und maßten sich zeitweise auch die Jagd im Rispeler Wald an.

In einer „Gründlichen Anweisung von der Seiner Hochfürstl. Durchlaucht zu Ostfriesland im Amte Friedeburg zustehenden Jagd- und Forstgerechtigkeit “..wies der Friedeburger Amtmann Ihering im Jahre 1726 darauf hin, dass es sehr wohl zur rechtlichen Begründung der fürstlichen Jagdgerechtigkeit dienen könne, dass bereits die Häuptlinge vor der gräflichen Reglierung das Jagdregal besessen hätten.

bidl-13-a-eichenwaldFerner machte er auf die Vorschrift aufmerksam, dass zur Hegezeit keine Hunde mit auf Land genommen werden durften, und vergaß auch nicht, darauf hinzuweisen, dass zu den Jagdgerechtigkeiten im Amte Friedeburg das Aufbieten der Untertanen zu den Fuß- und Wolfsjagden als Treiber gehöre. Das Heidebrennen war verboten, denn “im Amte Friedeburg hat auch die Entzündung der Heide ad 1723 an dein auf den Morasten gestandenen Torf Schaden genug verursacht und würde die gantze Hopelser Holtzung durch die Glut verzehrt worden seyn, wenn nicht die darwider vorgekehrte Veranstaltungen das Übel abgewendet hätten“.



1873 wurde der Karl-Georgs-Forst angepflanzt


a_Forsthaus_Carl_Georgsforst_2009_InternetDas Forsthaus im Karl-Georgs-Forst wurde vom  Forstamtsleiter Jens Wolken und seiner Familie bewohnt. Seit 2021 ist das Forsthaus eine Ferienwohnanlage.

Der Hauptweg zum Forsthaus, eingerahmt mit einem alten Baumbestand,  erinnert an 1873,  als mit der Anpflanzung begonnen wurde.

Der Karl-Georgs-Forst bei Wiesede hat mit dem alten Wald nichts zu tun und ist wesentlich jünger. Er entstand auf den großen Heideflächen des Geestrückens zwischen Wiesede und Friedeburg. Am 1. Mai 1871 kaufte Karl Georg Ferdinand Gerhard Graf von Wedel einen Teil dieses Heidfeldes mit der Absicht, hier einen Wald anlegen zu lassen.

Der Kaufpreis betrug zehn Reichstaler Courant für jeden Morgen bei einer Gesamtgröße der Ländereien a_Carl_Georgs_Forst_2009_Internetvon über 1200 Hannoverschen Morgen. Zunächst wurde das Heidfeld umgepflügt, und im Jahre 1873 begann man mit der Anpflanzung. Im gleichen Jahre wurde das Forsthaus errichtet, das übrigens heute noch steht. Der Karl-Georgs-Forst weist zur Zeit unter Berücksichtigung einiger Zukäufe eine Gesamtgröße von etwa 413 Hektar auf.



Johann Pflüger wird erster Förster
Erster Förster im Karl-Georgs-Forst war Johann Pflüger aus Sandhorst bei Aurich. Er war für die Anbauarbeiten verantwortlich, starb jedoch schon im Jahre 1880. Am 18. August 1880 stellte der Graf von Wedel den Königlichen Moorvogt Otto Nölke aus Friedeburg als Förster an. Er wurde am 1. Oktober 1911 in den Ruhestand versetzt, und am gleichen Tage trat sein Sohn Heinrich seine Nachfolge an. Heinrich Nölke starb im Jahre 1950, und sein Nachfolger, Franz Buberl, nahm im Jahre 1951 seine Tätigkeit auf.



Während und nach dem Zweiten Weltkrieg wurde aufgrund des großen Holzbedarfes ein wesentlicher Teil des Karl-Georgs-Forstes abgeholzt. Durch eine zügige Aufforstung konnte jedoch bald wieder ein Ausgleich erreicht werden. Große Schäden richteten auch Stürme im November 1972 und Januar 1976 an, deren Folgen nur langsam wieder beseitigt werden können. Der Wildbesatz im Karl-Georgs-Forst ist recht gut, denn neben dem üblichen Niederwild sind hier auch Reh-, Dam- und Schwarzwild anzutreffen. Auch ein Wolfsrudel hat sich angesiedelt.



Dreißigjähriger Krieg – Münzfunde in Wiesede

Dass im Zuge des Dreißigjährigen Krieges während des Jahres 1622 sich Truppen des Grafen Ernst von Mansfeld im Orte aufhielten, bezeugen auch verschiedene Münzen, die kurz vor der Jahrhundertwende in Wiesede ans Tageslicht kamen. Zu diesem Münzfund gibt es eine nette Erzählung:

Nicht nur die Mansfelder verbreiteten unter den Ostfriesen durch ihre Gräueltaten Angst und Schrecken; zu der Zeit wütete auch die Pest in Europa und forderte zahllose Menschenleben. Ein im Sterben liegender pestkranker Wieseder Bauer soll seinen draußen vor dem Fenster wartenden Verwandten, darunter ein Besucher aus dein Nachbardorf Etzel, zugerufen haben, dass er sein Geld an der und der Stelle vergraben habe, um es vor den Mansfeldern zu retten.

Diese Begebenheit wurde von den Wiesedern von Generation zu Generation weitererzählt, und gelegentlich hatte man auch schon in einem nahe beim Hause des Verstorbenen liegenden Wäldchen nachgegraben, jedoch stets ohne Erfolg.

Im Jahre 1899 schließlich fand man beim Ausroden von Baumwurzeln die vor fast drei Jahrhunderten vergrabenen Münzen, und zwar ohne Umhüllung unter den Wurzeln einer Eichen im Erdboden. Auf Veranlassung des Wittmunder Landrates Dr. Budde wurden die Münzen der Gesellschaft für bildende Kunst und vaterländische Altertümer in Emden zu Untersuchungszwecken zur Verfügung gestellt. Nach dem Ergebnis dieser Untersuchung handelte es sich um folgende Stücke:

1 Stück  Braunschweig-Lüneburg (?),Ulrich 1613-1634,

1 Stück  Mansfeld, Vorderort-Bornstedt, Bruno II, Wilhelm, 

   Joh. Georg IV. und Volrat VI. 1605-1615, Taler 1611,

1 Stück  Elsass, Rudolf 11.1576-1612, Taler 1612,

1 Stück  Elsass, Erzherzog Ferdinand 1564-1595, Taler 1595,

2 Stück  Tirol, Rudolf II., Taler 1605,

1 Stück  Utrecht. Rijksdaalder 1620,

1 Stück  Westfriesland, Rijksdaalder 1619,

2 Stück  Zeeland, Rijksdaalder 1620,

2 Stück  unbestimmt.

Unter irgendwelchen Umständen wird der Wieseder Bauer diese Münzen wohl von den Mansfeldern bekommen haben, denn sie sind von Holland kommend in Ostfriesland eingedrungen. Die Erzählung ist vermutlich die einzige bekannte Schatzsage um Münzen in Ostfriesland. Lange Zeit hindurch wurden die wertvollen Münzen in Wiesede aufbewahrt. In den Nachkriegsjahren kamen sie aber abhanden; vermutlich wurden sie von Besatzungssoldaten entwendet.



Der Lehmreichtum und die Ziegeleien

a_Ziegelei_Wiesede1965Ansicht der Ziegelei Wiesede im Jahre 1965. Wegen der unzureichender  Tonvorkommen erfolgte im gleichen Jahr der  Abbruch.

In großen Gebieten der Gemarkung Wiesede lag einst unter wenigen Dezimetern Bauerde gelber Lehm in einer Mächtigkeit bis zu zwei Metern. Dieser Lehm war teilweise von hoher Qualität. Um das Vorkommen zu nutzen, wurde in Wiesede bereits um 1540 von der gräflichen Verwaltung in eigener Regie eine Ziegelhütte betrieben.

Einem Schriftstück aus dem Jahre 1603 ist zu entnehmen, dass im Jahre 1599 etwa 34000 gute und etwa 9000 bleiche Steine angefertigt und in einem gemauerten Ofen gebrannt worden sind. Das Grafenhaus beauftragte einen Ziegelmeister, in der Wieseder Anlage in jährlich zwei Bränden Steine herzustellen, und zwar in einem Brand zu Johanni (im Juni) und in einem weiteren Brand zu Bartholomäi. Von 1700 bis 1720 wurden im August in zwei Bränden im Jahre jeweils 30 000 bis 45 000 Steine hergestellt.

Die Amtseingesessenen des Amtes Friedeburg waren verpflichtet, den Betrieb der Wieseder Ziegelei durch umfangreiche Naturaldienste zu unterstützen und wohl überhaupt erst zu ermöglichen. In den Verträgen von 1611 wurde bestimmt: „item sollen Onse Onderdanen des geheeten Amptes geven den Schill en de Tiehel Torif de Wy in den vorschreven Amte t‘ Onsen Dienste von nöden hebben.“

Ziegelei wird Erbpachtziegelei

Als die Wieseder Ziegelei vom preußischen Staat in Erbpacht gegeben wurde, blieben die Naturalverpflichtungen der Amtseinwohner bestehen. Der Erbpachtvertrag begründete für die Pflichtigen die Verbindlichkeit, dem Erbpächter der Ziegelei in Wiesede jährlich den Torf zu zwei Bränden zu liefern, und zwar vier Fuhren von jedem vollen Platz, zwei Fuhren von jedem halben Platz und eine Fuhre von jedem Viertelplatz. Ferner mußten vierzehn Fuder Heu bereitgestellt werden.



Naturaldienste für die Ziegelei

Im Jahre 1819 betrugen die genannten Naturallieferungen aus der Commune Horsten 96 Fuder Torf, aus dem Kirchspiel Etzel 79 Fuder Torf, aus dem Kirchspiel Marx 37 Fuder Torf, aus dem Kirchspiel Reepsholt 246 Fuder Torf und aus dem Kirchspiel Leerhafe 144 Fuder Torf. Die Hoheescher Bauern lieferten 14 Fuder Heu.

Wer die Naturalverpflichtungen nicht erfüllen konnte oder wollte, mußte dafür als Ersatz für jeden Fuder Torf einen Geldbetrag zahlen. Die Naturaldienste der Amtseingesessenen blieben jedoch nicht ohne Gegenleistung, denn sie bekamen die in Wiesede gebrannten Steine zu einem etwas günstigeren Preis, und zwar je 1000 Steine zweieinhalb Gulden billiger. Erst im Jahre 1861 wurden die Naturaldienste durch eine Kapitalzahlung abgelöst.

Der in Wiesede tätige Ziegelmeister bekam für einhundert gute Steine 1/4 Reichsthaler und für einhundert bleiche Steine 1/4 gemeinen Taler an Arbeitslohn. Ferner erhielt er neun Taler für die Anschaffung der Zieglerpferde und einen Taler für Schüppen und Spaten.



Erbpächter wechseln
Im Jahre 1760 verpachtete die preußische Regierung die Wieseder Ziegelei für zehn Jahre an den Ziegler Hinrichs. Der jährliche Pachtpreis betrug damals 65 Reichstaler. Anschließend erhielt der Advokat Ihering aus Wittmund die Ziegelei in Erbpacht. Das Erbpachtrecht umfaßte nach dem Vertrag die Nutzung des Wohnhauses, der Torfscheunen, des Trockenhauses und des Brennofens. Ferner konnte er – und das war wesentlich – die von den Amtseinwohnern zu erbringenden Naturalleistungen fordern. Nach dem Erbpachtvertrag war der Pächter unter anderem verpflichtet, immer soviel Steine vorrätig zu halten, wie die Amtseinwohner für sich und für die königlichen Gebäude im Amte voraussichtlich benötigen würden.



Heinrich Peters wir Alleinbesitzer
Nachfolger der Erben des Advokaten Ihering als Ziegeleibesitzer wurde im Jahre 1793 Johann G. Janssen, dessen Erben die Ziegelei am 15. Februar 1815 an Johann und Gerd Renken weitergaben. Aus dem Jahre 1835 wird als Besitzer Gerd Renken und aus dem Jahre 1839 Berend Renken genannt. Im Jahre 1874 kauften der Rentmeister Greif und Genossen die eine Hälfte der Ziegelei, während der Auktionator Eggers aus Wittmund die andere Hälfte übernahm. Im Jahre 1893 ging dann die Ziegelei in den Besitz von Heinrich Peters in Reepsholt und Theodor Eilers in Jever über. Theodor Eilers trat im Jahre 1919 seinen Anteil an Heinrich Peters ab, so dass dieser alleiniger Besitzer wurde.



Recht auf Lehmausbeutung und Ersatzflächen

Nach dem Recess über die Wieseder Gemeinheitsteilung verblieb der Erbpachtsziegelei ausdrücklich das Recht, auf sämtlichen Gemeinheitsgründen wie bisher Lehm zu graben. Aus der Verteilungsmasse stellte man der Ziegelei zwei Koppeln zur Größe von zusammen 16 Morgen 47 Quadratruthen zur Verfügung. Diese Flächen wurden vorübergehend als Ersatzstücke den Bauern, die zeitweilig das Lehmgraben auf ihren Ländereien zu dulden hatten, für die Dauer des Lehmstiches zur Benutzung zur Verfügung gestellt. Die Ziegeleibesitzer hatten die Pflicht, das ausgegrabene Land wieder in einem kulturfähigen Zustande zurückzugeben.



Ziegeleiarbeiter aus dem Lipperland

a_Ziegeleiarbeiter_im_Ringofen_der_ZiegeleiDas Brennen der Steine war harte Knochenarbeit. Viele Ziegeleiarbeiter aus dem  Lipper Land arbeiteten in der Blütezeit als „Gastarbeiter“ in Wiesede

Die Ziegeleiarbeiter kamen früher zu einem großen Teil aus dem Lipperland, und bis zum Ersten Weltkrieg waren noch Arbeiter aus dieser Gegend in Wiesede tätig. Um 1880 wurden durchschnittlich pro Jahr zwei Millionen Steine angefertigt. Zum Brennen der Steine waren für je eintausend Stück etwa zwei Fuder Torf erforderlich.



Wilhelmshavener Akten im Ringofen verbrannt
Während des Zweiten Weltkrieges stellte die Wieseder Ziegelei den Betrieb ein, und in einem Teil des Ringofens wurden die Aktenbestände der Stadtverwaltung Wilhelmshaven untergebracht. In den ersten Nachkriegswochen trieben es die polnischen Besatzungssoldaten arg auf der Ziegelei. Sie rissen die Wilhelmshavener Akten durcheinander und setzten alles in Brand. Das Feuer wütete mehrere Tage lang und vernichtete die Ziegeleigebäude bis auf die Grundmauern. Die polnischen Soldaten wurden nach einigen Wochen von kanadischen Truppen abgelöst, und im Frühjahr 1946 zog die gesamte Besatzung aus Wiesede ab.



Wirtschaftsfaktor Ziegelei
Um die Jahrhundertwende wurden hier über einhundert Personen beschäftigt. Auch noch nach dem Zweiten Weltkrieg stellte die Wieseder Ziegelei einen nicht unbedeutenden Wirtschaftsfaktor für den hiesigen Raum dar. Weil aber das Lehmvorkommen erschöpft war, musste die Ziegelei ihren Betrieb im Herbst 1964 einstellen. Zuletzt betrug ihre Kapazität bei voller Ausnutzung des Brennofens etwa 10000 Steine pro Tag. Im Jahre 1967 wurden die Gebäude abgebrochen.



Kolonie Upschört

a_Upschort_In_der_Kolonie_InternetIm  Heidfeld siedelten vor über 200 Jahren die ersten „Upschörter“

Anläßlich der 200Jahrfeier wurde der Wappenstein der Upschörter  aufgestellt



Der weitaus jüngere Teil von Wiesede ist der Ortsteil Upschört. Hier ließen sich um 1800 die ersten Kolonisten nieder. Das heutige Upschört war früher ein Moor- und Sumpfgebiet. Der Sage nach soll der Ortsname daher stammen, dass die Wieseder Frauen, wenn sie zum Wieseder Meer zum Fischfang gingen, in diesem Sumpf ihre Kleider „upschörtetenda_Wappenstein_Upschort_Internetass.

Im Jahre 1824 zählte man in Upschört bereits 24 Einwohner, und 1846 waren es mehr als einhundert. Den „großen Sprung nach vorndass nahm die Kolonie mit dem Bau des Ems-Jade-Kanals; unter anderem ließen sich damals in diesem Ortsteil mehrere Schifferfamilien nieder. Upschört war von Anfang an der politischen Gemeinde Wiesede zugeordnet, auch wenn gelegentlich Selbständigkeitsbestrebungen offen zutage traten und auch zum Gegenstand amtlicher Verhandlungen wurden. Im Jahre 1886 erhielten die Upschörter Kolonisten Ländereien aus den fiskalischen Gutsbezirken „Friedeburger Wiesmoor” und „Upschörter Moor” zur Vergrößerung ihrer Kolonate, und im Jahre 1903 kamen nochmals knapp 60 Hektar Ländereien aus dem Gutsbezirk „Upschörter Moor” hinzu.

Beide Maßnahmen erweiterten gleichzeitig in entsprechendem Umfange die Flächengröße der politischen Gemeinde Wiesede. Der Weg zwischen Wiesede und Upschört wurde übrigens kurz vor der Jahrhundertwende landstraßenmäßig ausgebaut.



Schulen in Wiesede

a_Alte_Volksschule_Wiesede_vor_1913_InternetBis 1913  stand auf der Kapellenwarft die einklassige Schule

Als erster Lehrer in Wiesede wird aus dem Jahre 1711 Folkert Hinrichs gemeldet. Vorher hatten die Kinder die Schule in Reepsholt besucht, und auch jetzt konnte im Dorfe selbst ein geregelter Schulbetrieb nur im Winter durchgeführt werden. Unterrichtet wurde – zumindest zeitweise – in einer kleinen Kammer der Ziegelei, in der im Sommer die Ziegeleiarbeiter wohnten. Das erste Schulgebäude wurde im Jahre 1783 auf der Wieseder Kirchwarf errichtet. Knapp sechzig Jahre später, 1840, erfolgte der Bau eines neuen Schulhauses, welches im Jahre 1880 wiederum erweitert wurde. 

a_Schule_InternetWegen  der Einschulung der Kinder aus Upschört und  Wiesederfehn war der Bau  einer zweiklassigen Schule notwendig geworden.

Die schulpflichtigen Kinder aus Upschört besuchten zunächst die Schule in Wiesedermeer; seit 1924 sind sie nach Wiesede eingeschult. Im Jahre 1961 konnte auf halber Strecke zwischen Wiesede und Upschört eine nach modernen Gesichtspunkten eingerichtete Dörfergemeinschaftsschule in Betrieb genommen werden. Seit 1974 wird sie neben Marx als ein Standort der Grundschule Friedeburg geführt und hat seither eine ständige Weiterentwicklung erfahren.
Das alte Schulgebäude in der Dorfmitte wurde von der Kirchengemeinde Reepsholt käuflich erworben und zu einer Kapelle umgebaut.


Anm.: Die Überschriften wurden wegen der Übersichtlichkeit von dem Verfasser der Internetseiten eingesetzt

Zur Geschichte von Wiesede und Upschört siehe folgende Literatur:
Karl-Heinz de Wall, Friedeburgs Ortschaften, Friedeburg 1976;
Friedrich Herzog, Von der Lernstube zum Schulhaus, 300 Jahre Volksschule in Wiesede, Hrsg.: Christa Herzog, Aurich 2013;
Christa Herzog, Upschört; Der Weg vom „wüsten Heydfeld“ zu einer „ordentlichen Colonie“, Aurich 2000.

Nachwort

Wiesede ist also ein sehr altes Geestdorf. Alle anderen Dörfer, die den Namen “Wiesede“ beinhalten, wie Wiesedermeer, Wiesederfehn und Wiesmoor, sind erst wesentlich später im Rahmen der Urbarmachung und Kolonisierung entstanden. Die Einwohner von Wiesede können zu recht auf die traditionsreiche Geschichte ihres Heimatdorfes stolz sein.